Küss mich, dann mach ich Musik


Kommt Ihnen an dieser Überschrift etwas bekannt vor? Na bitte, kennen Sie doch! In jedem besseren Märchenbuch taucht doch dieser geile Frosch auf, der verspricht, daß wenn er nur richtig abgeknutscht werde, er sich in einen Prinzen verwandele. Natürlich steht er auf fesche Prinzessinen! So rein vom Optischen bin ich nicht der richtige Ersatz für eine Prinzessin, gesprochen hat der Frosch auch nicht mit mir - wen wundert’s, aber der neue Tonabnehmer von Van den Hul heißt nun mal “The Frog”, und dieser Anfang ist genauso gut wie jeder andere. Und eine Farbe hat dieser Tonabnehmer- bauen Sie ihn bloß nicht in einen schwarzen Arm ein. Welche Farbe? Na, wie sieht hierzulande denn ein Frosch aus? Richtig, giftgrün! Aber das grün, das bei Van den Hul auf das Gehäuse eloxiert wird, verträgt höchstens noch eine Kombination mit einem violetten Tonarm. Jeder Frosch, der ein derartiges Outfit trüge, würde des Landes verwiesen- mit Recht!. Aber es gibt Situationen, da muß man einfach durch. Also holte ich den grünen Hüpfer aus seiner Kiste und schraubte ihn mit Todesverachtung unter das Headshell. Da hing er nun und sah immer noch genauso schlimm aus wie in der Kiste. Die Justage macht man in solche Fällen lieber mit geschlossenen Augen. Eine alte Platte aufgelegt und dann das Ding einnudeln lassen, das ist Pflicht- man weis ja, das die Systeme von Van den Hul immer eine lange Einspielzeit benötigen. Dann standen da aber einige interessante Platten vom Flohmarkt, und so fand meine Hand doch den Weg zum Lautstärkeknopf mit der Intention, einen eher mäßigen Genuß an mein Ohr gelangen zu lassen. Welche Überraschung: Von Einspielen keine Spur, der Hüpfer macht ja Musik. Kein Vergleich mit dem Grasshopper oder dem Black Beauty die eine erbärmlich lange Gummiweichknetzeit benötigen. So ähnlich hatte bei mir zuvor nur das Ortofon Rohmann aufgespielt, kein Warmlaufen oder Einspielen, gleich von der ersten Stunde an Musik.

Das war nicht die einzige Überraschung. Aber der Reihe nach: Es handelt sich um ein giftgrün!!!! eloxiertes Gehäuse, das den Generator vom Grasshopper 3 umschließt, ausgerüstet mit einem relativ kurzen Nadelträger. Es gibt vom Spulenaufbau verschiedene Versionen: Kupfer-, Silber- oder Goldspulen, und die wahlweise in Low- und High Output. Bei mir kam die Version mit Goldspule als Low Output zum Einsatz. Dabei ist das System als normal lautes MC-System einzustufen, was auch direkt mit den Angaben in den technischen Daten korrespondiert, alle übrigens im Internet abrufbar unter.

Wie bei mir üblich und auch von Van den Hul empfohlen wurde “The Frog” mit recht hoher Abschlußimpedanz ( 2,7 Kohm) betrieben. Der recht scharfe Nadelschliff 2x85 Micron setzt eine genaue Justage voraus: Ist der Arm ein wenig zu hoch hinten, so wird das Klangbild scharf und lästig, absolut waagerechte Einstellung ist angesagt. Dann belohnt einen dieser Tonabnehmer mit einem Klangbild, das gefährlich nahe zum “Black Beauty” hinaufreicht.

Das wird einem schnell klar, hört man sich die Aufnahme Horowitz in Moskau ( DG 419 499) an: Das Piano steht so perfekt und natürlich im Raum, die Anschläge kommen federleicht und so selbstverständlich, das jede Vermutung, man könne diese Musik auch anders spielen, einfach unsinnig erscheint. Die Spinnenfinger huschen mit unerreichter Souveränität über die Tasten und zaubern die die dynamischen Sprünge horowitzscher Art aus den Lautsprecher. Überhaupt: Die anderen Komponenten sollten von hoher Qualität sein, um mit diesem System mithalten zu können, vornehmlich im Bereich der Dynamik. Was das “The Frog” da abliefert ist schon eine Klasse für sich.

Lauschen Sie dem Frankfurter Gitarrenduo, das Stücke von Manuel de Falla, Ibert, Duarte und Heitor Villa-Lobos spielen (Solist-Musikverlag th.messer Stereo 1175). Da klingt der Korpus nach Holz, wenn er geschlagen wird und erscheint nicht als ein undefinierbares Klopfen. Ganz tief in den tonalen Keller geht es manchmal bei Ottorino Respighi in den Tre Preludi per Organo (Bongiovanni GB 5502), einer tollen Aufnahme, die zeigt, daß dieser Mann außer den Vögeln und den Brunnen von Rom auch noch andere Sachen (be)geschrieben hat, die sehr hörenswert sind. Diese Platte ist ein klangliches Juwel.

Aber wie sieht es mit den Klangfarben aus? Kann ein Tonabnehmer mit dieser Dynamik auch tonale Feinheiten reproduzieren, oder ist er nur ein Lautstärkekracher? An dieser Stelle muß ich mit meiner letzten Flohmarkterwerbung protzen, die mich mehr als verblüffte: Pavarotti Premiers ( CBS Masterworks 74037). Vor ca. 18 Jahren war Pavarotti noch nicht so dick wie heute und auch nicht nur ein Dritteltenor. Was er da zusammen mit Abbado und dem Orchester der Scala einspielte verdient höchstes Lob, insbesondere die Cavatine aus “ I due Foscari”. Das ist exemplarischer italienischer

Tenorgesang, wie er typischer und auch besser kaum sein kann. An dieser Stelle beweist der Frosch, daß auch die Klangfarben zu seiner Domäne gehören: Leise zitternd ausgehauchte Passagen sind ebenso selbstverständlich wie strahlende Partien aus den seltener gespielten Werken von Verdi.

Und noch ein tonaler Härtetest: Kiri te Kanawa mit der Aufnahme Ave Maria (Philips 412 629). Nein, nicht das von Frank, sondern von Schubert. Und dazu viel Musik von Gounod, Mozart, Bach, Purcell und Händel. Natürlich können Sie jetzt sagen, diese Frau ist eine typische Schönsängerin, und Sie haben völlig recht. Aber gerade dies macht sie zu einer schweren Prüfung für alle Komponenten, und den Tonabnehmer, der dabei nur die geringste Härte zeigt, den können Sie getrost in die Tonne hauen. Das Van den Hul gehört nicht in den Sondermüll. Erstaunlicherweise zeigt dieser Dynamikknaller in solchen Situationen, wie vorsichtig er mit Stimmen umgehen kann.

Ebenfalls in die Kategorie der leisen Töne gehört die Sinfonia Drammatica von Respighi (Marco Polo HK 6.220418), übrigens eine Produktion von Hong Kong Records. Tja, die Chinesen sind schwer im Kommen, hier allerdings mit dem Slovakischen Philharmonischen Orchester. Die Musik erinnert an Mahler und Richard Strauss und- natürlich an Respighi. Feinste Nuancierungen stapeln sich übereinander und sind nur von einem wirklich erstklassigen Tonabnehmer sauber zu trennen.

Und nun noch der bekannte instrumentale Knüller, der in dutzenden Versionen zu haben ist, Die Bilder einer Ausstellung. Diesmal aber von George Szell ( CBS 61845), der mit dem Cleveland Orchester eine klangstarke und nahezu losgelöst schwebende Version liefert, wie man sie nicht oft zu hören bekommt. Hier wird das Werk nicht zu popularisierenden Selbstdarstellung benutzt, sondern einfach nur so gespielt, wie Mussorgsky es notiert (und Ravel instrumentiert) hatte, obwohl der Bläsersatz am Beginn eine Schärfe und Eindringlichkeit hat, die gerade dadurch, das er nahtlos in die folgenden Partien übergeht, das Intro des Stücks besonders betont.

Ich kann nur sagen: Ein toller Frosch- wenn nur diese Farbe nicht wäre! Problemlos einzubauen und zu justieren, verträgt sich fast mit jedem Tonarm und liefert genügend Ausgangsspannung. Mehr Tonabnehmer braucht kein Mensch- oder ? Zweifelnd nahm ich wieder mein Black Beauty in Betrieb und atmete auf: Es ging doch noch ein wenig besser in allen Disziplinen, und ich hatte in meiner Beschreibung über diesen Ausnahmetonabnehmer doch nicht Blödsinn erzählt.

Wer aber ca. 3000,-DM für ein System auszugeben bereit ist, der erhält mit “The Frog” einen wahrlich phantastischen Tonabnehmer, der zudem noch als der unproblematischste von Van den Hul gelten darf. Es existieren folgende Ausführungen: Mit Kupferspulen, Silberspulen, Goldspulen und als High Output mit Kupferspulen. Für alle gilt 1,6 p als Auflagegrenze, die man allerdings auch ausnutzen sollte. Der Phonoeingang sollte sehr rauscharm sein, um die volle Dynamik auszunutzen. Und nicht vergessen, den Tonarm völlig waagerecht stellen!

Stellt sich zum Schluß die Frage: “Was kostet dieses musikalische Märchen?”

The Frog , Kupferspulen, low Output, 2950,- DM
The Frog , Silberspulen, low Output, 2950,- DM
The Frog, Kupferspulen, high Output, 3500,- DM
The Frog, Goldspulen, low Output, 3950,- DM

Gehört mit:

Plattenspieler: Girati Grande mit Tonarm Portamo und CEC
Tonabnehmer: The Frog, Black Beauty, Grasshopper IV Gold, ART 1 u.a..
Plattenwaschmaschiene: VPI 17
Vorverstärker: SAC Alpha mit Zusatzbatterienetzteil
Endstufen: SAC “Il Piccolo”
Lautsprecher: SAC “ Piccolo”
Kabel: Connex: Power Cleaner, Numero Due und Rasta 3
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